Zwei Tage vor dem Wettkampf fragte ich mich (da waren meine Freundin und ich gerade im Kino: „Schaffe ich es wirklich das durchzustehen?“ Ein Rennen mit 1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren und 21 km Laufen auf Zeit hatte ich nie zuvor absolviert. Wird es Probleme geben? Bekomme ich einen Hungerast oder muss ich sogar aufgeben? Ich würde es bald erfahren.
Samstag früh fahren wir in Berlin Mitte los. Die gesamte Ausrüstung passt gerade so in den Kofferraum. Flori, eines unser Treusten Mitglieder nimmt ebenfalls mit Teil. Die 600 km Fahrt nach Wiesbaden verlaufen ruhig.
Samstag 15 Uhr ist die Rennbesprechung im Wiesbadener Kurhaus. Hier werden die Streckenabschnitte, die Wechselzeiten, Gefahren und weitere Spielregeln erklärt. Auf die Frage wer am Sonntag seinen ersten Triathlon absolviert melden sich überraschender Weise einige. Respekt! Ich hatte zumindest zwei Vorbereitungstriathlons und wollte in dem Moment nicht auf die Erfahrungen daraus verzichten.
Die Besprechung verläuft gut, all unsere Fragen sind geklärt. Das verwirrende ist nur, dass wir drei Beutel mit Ausrüstung und Kleidung für das Rennen abgeben müssen. Einen für die Wechselzone nach dem Schwimmen, einen für den Wechsel nach dem Radfahren und einen im Ziel. In jedem Beutel ist die Ausrüstung, die wir für die folgende Disziplin bzw. dann zum Duschen brauchen. Alle Beutel werden nach dem Rennen zu einer Sammelstelle zum abholen gebracht. Wir gehen alles im Kopf durch, packen die Beutel und fahren zum Startbereich außerhalb von Wiesbaden.
Samstag 18 Uhr – Bis dahin müssen wir unsere Rennräder und Beutel abgeben. Als wir ankommen stehen wir vor einem Meer an Rennrädern. Mein erster Gedanke: „Wer hier in der Nacht einbricht macht ein gutes Geschäft“. Immerhin gibt es über 2700 Teilnehmer aus 50 Nationen. Wir geben alles ab, fahren in unsere Übernachtungsstätte, essen zu Abend in gehen früh ins Bett – morgen geht es endlich los.
Sonntag 8 Uhr morgens stehen wir im Startbereich. Neben uns das Schild für unsere Zielzeit für das Schwimmen: 50 Minuten. Pünktlich 8 Uhr fällt der Startschuss. Zunächst startet die Elite. Die gewählte Startmethode finde ich klasse: Üblicherweise befinden sich vor dem Startschuss alle im Wasser. Der Startschuss fällt, alle schwimmen los und man bekommt 100 Fußtritte und teilt ebenso viele aus. Die Startmethode hier ist wie bei einem Lauf, was sehr angenehm ist, da wir mit gleichschnellen Schwimmern starten und es so weniger Gedränge gibt. Dadurch dauert es über 15 Minuten bis wir am Start ankommen (was nicht so schlimm ist, denn unsere Zeit wird erst gemessen, wenn wir tatsächlich losschwimmen).
Endlich am Start angekommen wünsche ich Flori viel Erfolg und wir legen los. Das Wasser hat eine angenehme Temperatur. Ich starte bei einem mittleren Tempo und komme gut voran. Als wir gegen die Sonne schwimmen müssen blendet sie so sehr, dass die meisten Schwimmer die Streckenbojen nicht mehr sehen können. Zum Glück gibt es überall Streckenposten auf Surfbrettern, die uns den Weg weisen. Nach 48 min bin ich draußen. Genau wie geplant. Krämpfe hatte ich auch keine. In der Wechselzone kann ich fast durchlaufen, da ich keinen Neo habe und mein Helm und meine Schuhe bereits am Rad befestigt sind. Schnell noch was essen und dann geht’s weiter. Damit spare ich ein paar Minuten und bin schnell auf der Radstrecke.
Die ersten Kilometer auf dem Rad vergehen wie im Flug. Meine Beine fühlen sich sehr gut an. Es kommen mehrere kleine Anstiege und Abfahrten, die kein Problem darstellen. Dann am km 33 komme ich zum Donnerberg. Das ist das schwerste Stück. Der Anstieg geht mehrere Kilometer. Ich fahre gerade mal 12 km/h, überhole jedoch dabei zahlreiche Fahrer (ein Zeichen dafür dass ich tatsächlich ein schlechter Schwimmer bin).
Kurz nach dem Donnerberg kommt ein Verpflegungspunkt. Ich schnappe mir ein Gel und eine Isoflasche. Die Flasche trinke ich halb aus und werfe ich in die Mülltonne, das Gel verstaue ich im Anzug. Wenn man Müll wegwirft führt das übrigens zur Disqualifikation – sehr vorbildliche Einstellung. Bei km 50 merke ich, dass meine Beine müde werden. Ich überlege ob ich es ich nach dem Radfahren noch die 21 Kilometer zu Fuß schaffe. Ein kleiner Zweifel kommt auf, doch den verwerfe ich schnell.
Die sonnigen 25 grad bieten perfekte Bedingungen. Es geht immer wieder hoch und runter. Bei einer Abfahrt auf einer schmalen Straße setze ich zum Überholen an. Links von mir ist ein halber Meter Platz, daneben eine Felswand. Gerade als ich auf gleicher Höhe bin schießt ein Amerikaner an mir vorbei. Ich schreie etwas, er flucht zurück. Ich habe zwar nicht verstanden was, mir ist das jedoch egal. Die Kraft werde ich später noch brauchen. 🙂
Ich mache weiterhin viele Plätze gut. Auf den letzten km geht es fast nur noch bergab. Mein neuer Geschwindigkeitsrekord beträgt 73 km/h. Nach 3:23h komme ich in der Wechselzone an, gebe mein Rad ab, ziehe die Laufschuhe an, gehe schnell auf Toilette und laufe los.
Jetzt kommt der schwerste Teil. Bei der Vorbereitung hatte ich genau an dem Punkt muskuläre Probleme, doch erstaunlicher Weise fühle ich mich sehr gut. Heute sind meine Beine nur etwas schwer und verkrampfen nicht. Ich bin ganz verwundert und traue dem ganzen nicht. Insgesamt müssen wir übrigens 5 runden a 2 km laufen. Am Ende jeder Runde bekommen wir ein farbiges Gummiband um den Unterarm. Wenn man alle Bänder hat kann man ins Ziel laufen.
Auf den ersten km überhole ich wieder viele Läuferinnen und Läufer. Laufen ist meine stärkste Disziplin. Viele die ich überhole haben schon zwei, drei oder vier Bänder. Wieder ein Zeichen, dass ich noch viele Reserven habe.
Mach einem halbe km kommt einer von beiden Verpflegungspunkten auf der Laufstrecke. Ich trinke ein Iso, esse ein Gel, esse eine Prise Salz und trinke ein Wasser. Beim zweiten Verpflegungspunkt esse ich statt des Gels und des Salzes ein Keks. Diesen Rhythmus behalte ich bis zum Schluss bei.
Die ersten drei Runden verlaufen sehr gut. Es ist glücklicherweise bewölkt, Ich habe gute Zwischenzeiten und überlege das Tempo zu erhöhen. Dann möchte ich doch kein Risiko eingehen. Ich weiß nicht wie mein Körper darauf reagiert. Zeitgleich sehe ich immer wieder Teilnehmer die Krämpfe bekommen oder nur noch gehen. Ich denke, dass ich mit meiner Entscheidung richtig liege und bekomme das am Ende der dritten Runde bestätigt. Meine Beine werden immer schwerer, jeder Schritt wird immer schleppender. Nach der gefühlt 20sten Gelpackung will ich nur noch ins Ziel. Die Zwischenzeiten werden etwas langsamer doch es kommt zu keinem Einbruch.
Als ich in das Ziel Einläufe bin ich glücklich, dass es vorbei ist. Ich bekomme eine Medaille und gleich die ersten Krämpfe. Meine Uhr zeigt 1:45 h für das laufen und die Gesamtzeit von 6:07 h. Das Ziel schneller als 6.30 h zu sein ist erreicht.
Was ich gelernt habe:
1. Die richtige Zielsetzung ist extrem wichtig. Ohne die Zielsetzung und die Anmeldung am Jahresanfang hätte ich mir nicht vorstellen können diese Zeit mit dem geringen Aufwand zu schaffen. Ich denke, dass man diese Methode gut auf berufliche und private Ziele anwenden kann. Das Ziel muss jedoch realistisch sein.
2. Wenn man für so einen Wettkampf trainieren will, muss man seine Arbeit nach dem Training richten und nicht andersrum.
3. Ich habe noch viele Reserven (Platzierung nach Disziplin: Schwimmen 1000ster, Rad 600ster, Laufen 400ster), Gesamtplatzierung 886 von 1700 Startern. Beim nächsten Ironman 70.3 will ich unter 5.30 h kommen.
4. Die Ernährung ist beim Ironman ist extrem wichtig.
5. Kommendes Jahr will ich mich aufs laufen konzentrieren und den Marathon unter 3 Stunden laufen. Übernächstes Jahr nehme ich mir den ganzen Ironman vor.
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