Morgens 6 Uhr klingelt der Wecker. Die Ausrüstung habe ich bereits vorbereitet. Jetzt noch schnell prüfen ob auch nichts vergessen wurde und dann alles ordentlich verstauen. Heute geht es nach Jena. Jena bietet die optimale Landschaft zum Mountainbiken. Das Gelände ist sehr abwechslungsreich und kann durchaus sehr anspruchsvoll werden. Unser Ziel heute ist es um die 100km zu fahren.
Los gehts
Zunächst geht es mit dem Fahrrad zum ZOB. Das sind immerhin schon 12 km, was man jedoch maximal als ein kleines Warmup zählen darf. Hier treffe ich auch meinen Partner für das Adventure Race in Jena. Man darf dort nur zu zweit starten und muss auch zu zweit im Ziel ankommen, sonst wird das Ergebnis nicht gewertet. Zusammenhalt und ein gutes Zusammenspiel sind hier wichtig. Bei Uwe und mir ist das kein Problem. Wir kennen uns bereits seit ein paar Jahren und verstehen uns privat und sportlich sehr gut! Wir verstauen unsere Fahrräder im Laderaum vom Fernbus und fahren pünktlich los. Uwe gehört nicht zu den Menschen, die früh morgens sehr gesprächig sind. Mir ist das recht und ich schlafe schnell ein um vor dem langen Tag noch etwas Kräfte zu sammeln.
In Jena angekommen laden wir die Fahrräder aus, ich stelle noch schnell eine der Scheibenbremsen ein und schon geht es los. Als Warmup fahren wir nicht direkt den Berg hoch. In Jena geht das übrigens ganz schnell. Durch die Tallage kann man egal wo man wohnt innerhalb von 5-10 Minuten einen Berg hochlaufen bzw. fahren. Die ersten 7 km fahren wir durch die Stadt und schauen uns die Sehenswürdigkeiten an. Ich habe hier 5 Jahre studiert und kenne mich bestens aus. Das Wetter ist herrlich sonnig, aber nicht zu heiß. So geht es nach dem Warmup direkt einen steilen Anstieg hoch. Nach 5 Minuten fahren wir an einer alten Dame vorbei. Sie hält uns an und bittet uns ihr Navi einzustellen. Sie will nach Weimar fahren und kommt mit der neuen Technik nicht so gut zurecht. Das Problem haben wir schnell gelöst, was uns mit großer Dankbarkeit belohnt wird und danach geht es direkt weiter. Jetzt geht es wirklich los.
Wir fahren 5 km den Berg hoch, machen am Fürstenbrunnen einen kurzen halt um unsere Wasservorräte aufzufüllen. Danach fahren wir den letzten Kilometer bis nach oben. Die Straße ist 2 Meter breit und besteht aus Schotter. Nachdem das steile Stück geschafft ist können wir das Tempo deutlich erhöhen und fahren auf die andere Seite des Berges. Hier beginnt ein spaßiger Abschnitt. Wir fahren eine Horizontale durch den Wald auf einem schmalen Weg von etwa einem halben Meter. Hier sind Gleichgewicht und Konzentration gefragt. Bei hohem Tempo geht es immer wieder hoch und runter, links und rechts, über Wurzeln, Stufen und Spitzkehren. Ich sehe ein Schild, schaue zu lange drauf und komme mit dem Vorderrad vom Weg ab. Zum Glück kann ich mich mit dem Fuß abfangen und komme schnell zum stehen. Nichts passiert, nach ein paar Sekunden geht es weiter. Kurz darauf höre ich ein Japsen hinter mir. Ich bleibe stehen und schaue nach hinten. Uwe war noch eben hinter mir. Nach 30 Sekunde sehe ich ihn um die Kurve fahren. Er zeigt an, dass alles ok ist. Er ist ebenfalls vom Weg abgekommen und leicht gestürzt. Nach weiteren 45 Minuten haben wir es durch den Wald geschafft und stehen an einer Landstraße hinter Jena. Wir wollen noch etwas trinken, Uwe will zu seiner Wasserflasche greifen, doch er greift ins leere. Diese ist wohl beim Sturz verloren gegangen.
Wir sind immer noch relativ weit oben und Jena liegt in einem Tal. Ich kenne die Strecke und weiß, dass wir jetzt mehrere hundert Höhenmeter runter fahren werden. Wie gesagt das ganze auf der Landstraße! So heizen wir also mit 60 bis 65 km/h runter. Den Kopf ganz tief um möglichst wenig Luftwiederstand zu haben. Ich denke mir gerade, dass ich noch nie so schnell gefahren bin, wobei zeitgleich Uwe an mir vorbei schießt. Ich muss noch etwas an meiner Abfahrtstechnik arbeiten.
In Jena angekommen geht es direkt wieder nach oben zur Lobdeburg. Das wird das steilste Stück werden. Die Strecke ist ca. 1 km lang, jedoch machen wir dabei fast 200 Höhenmeter. Wir kommen nur langsam voran, müssen größtenteils im Stand fahren und der Puls steigt mit jedem Höhenmeter bis fast an das Maximum. Die letzten Meter müssen wir die Räder Schultern, da hier große Treppenstufen kommen. Ab hier geht es wieder auf die Horizontale in den Wald rein, wieder fahren wir im Zickzack hoch und runter, links und rechts und wieder erwischt es Uwe. Bei einer steilen Abfahrt auf Waldboden ist es so steil, dass nicht mal bremsen hilft. Man kann nur mit dem querstehenden Fahrrad runterrutschen. Uwe rutscht zur Seite weg und fängt sich einen blutigen Ellenbogen ein. Auf meine Frage ob alles ok ist zuckt er nur kurz mit den Schultern und wir fahren weiter. Nach 3 Stunden und 50 Kilometern kommen wir wieder in Jena an, machen uns am Märchenbrunnen etwas frisch und gehen zum Mittagessen bzw. Kräfte tanken für den zweiten Teil des Tages.
Die Pause hat uns sichtlich gut getan. Nach dem Mittagessen und einem alkoholfreien Weizen fahren wir zu Felix. Felix ist ein sehr guter Freund von mir. Wir kennen uns noch aus den Studienzeiten und treffen uns immer wieder mal zum klettern. Letztes Jahr erst waren wir zwei mal in Arco (Italien) klettern. Neben dem Klettern hat Felix noch eine zweite Leidenschaft, und zwar Mountainbiking.
Er kenn sich in und um Jena bestens aus und zeigt uns sogleich seine 60 km lange Hausstrecke, die er gerne nach dem Feierabend fährt. Die Strecke ist im Vergleich zur ersten schneller. Sie führt über Schotter und Asphalt und hat zwar viele, jedoch immer nur sehr kurze und flache Anstiege. Wir fahren los und machen gut Kilometer. Nach 20 Kilometern merke ich zum ersten mal, dass der Hintern anfängt zu schmerzen und dass die Beine schwerer werden. Als wir zum längsten Anstieg kommen werden meine Beine plötzlich schwer wie Blei. Das Tempo geht von 30 runter auf 15 km/h. Ich werde immer langsamer. Felix und Uwe fahren mir davon. Das Gefühl beim Treten ist komisch. Man fährt einen flachen Anstieg hoch, weiß, dass man eigentlich viel schneller könnte und hat trotzdem keine Kraft um stärker in die Pedalen zu treten. Der erste kleine Hungerast ist da. Zum glück warten die beiden oben angekommen auf mich. Nach einer kurzen Verpflegungspause geht es weiter. Wir reißen die nächsten 40 km runter. Außer, dass ich bei einem weiteren Anstieg versage, passiert nichts aufregendes. Die Strecke ist schnell und macht Spaß. Der schmerzende Hintern wird das auch nicht ändern.
Geschafft
In Jena angekommen haben wir bei Felix noch etwas Zeit uns zu duschen. Danach geht es direkt zum Busbahnhof. Der Bus kommt pünktlich 20 Uhr und wir kommen ohne Stau durch. In Berlin angekommen geht es die letzten 12 km mit dem Rad nach Hause. Die Beine sind mittlerweile ganz schwer. Zu Hause angekommen zweigt der Computer 135 km an. Trotz der Schinderei war es ein perfekter Trainingstag. Mitternacht falle ich müde ins Bett und freue mich, dass morgen Sonntag ist.
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